Wer kennt sie noch, die alten Kirschsorten?
29.05.2020
Zwar scheint die Kirschblüte noch gar nicht so lange her zu sein, doch schon bald werden die ersten Kirschen rund um Mössingen zu reifen beginnen.
In diesem Jahr startet bei uns ein Projekt, das sich mit dem Auffinden und dem Schutz alter Kirschsorten befasst. Die vom Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR) im Rahmen des Sonderprogramms zur Stärkung der biologischen Vielfalt geförderten Untersuchungen sollen helfen, unsere seltenen, alten Kirschsorten vor dem Aussterben zu bewahren.
Denn Mössingen verfügt über einen gut gehüteten Schatz, die historische Kirschsortensammlung auf der Olgahöhe, die in den 1960er Jahren vom Obstbaufachmann Dr. Götz initiiert wurde. In dieser Sammlung wurden wertvolle Kirschsorten aus ganz Deutschland und sogar aus dem Ausland zusammengetragen, um eine vergleichende Sichtung der Fruchtqualitäten zu ermöglichen. Viele der Sorten sind inzwischen fast ausgestorben und haben nur auf der Olgahöhe noch überlebt. Die nun über 50-jährigen Bäume haben aber ihre besten Jahre hinter sich und fangen zunehmend an abzusterben. Um die bedeutende Sortensammlung für die nächste Generation zu sichern, sollen die Bäume von der Kirschsortenexpertin Dr. Annette Braun-Lüllemann pomologisch (sortenkundlich) untersucht werden, um ein aktuelles Sorteninventar anzulegen. Von den seltenen und für Baden-Württemberg bedeutenden Regionalsorten soll anschließend Vermehrungsmaterial gewonnen und die Sorten auf jungen Bäumen neu angezogen werden, damit dieser Schatz auch zukünftig in Mössingen erhalten bleibt.
Jedoch ist nur ein Teil der Sorten, die sich in Mössingen und Umgebung auf alten Bäumen finden, auf der Olgahöhe aufgepflanzt. Auf unseren Obstwiesen und in den Gärten finden sich noch viele weitere Sorten, die oft nur ganz kleinräumig verbreitet, aber bisher nirgends gesichert sind. Dabei handelt es sich um geschmacklich hervorragende, bei uns seit langer Zeit angebaute Kirschen. Diese Sorten und auch deren lokale Namen aufzufinden, ist ein weiteres Ziel des Projektes. Die Kirschsortenexpertin wird daher in den nächsten Wochen die Streuobstwiesen um Mössingen aufsuchen, um alte Kirschsorten aufzufinden und zu identifizieren.
Die Stadt Mössingen möchte hier um Ihre wichtige Mithilfe bitten: Bitte melden Sie sich, wenn Sie noch Bäume alter Sorten mit Namen kennen. Es geht darum, die Mössinger Kirschsorten vor dem Verschwinden zu retten und junge Bäume aus den Edelreisern der alten Verteranen nachzuziehen. Die Meldungen haben selbstverständlich keinerlei Auflagen zur Folge.
Besonders interessante Sorten sind alle gelbroten "Schecken-Kirschen" und Brennkirschen (außer Dolleseppler und Benjaminler) wie z. B. Schüttler und Dolls Langstiel, sowie traditionelle Tafelkirschen wie Frühe Französische, Emstäler, Peterskirsche, Blehyls Schwarze, Obereggener Kracher, Germersdorfer und Zipfelbachperle, aber auch alle anderen Sorten mit Namen, die hier nicht aufgeführt sind.
Im Rahmen des Projektes lediglich nicht von Interesse sind modernere Sorten wie Burlat, Kordia, Regina, Sam und Van sowie noch allgemein verbreitete alte Sorten wie Hedelfinger, Große Schwarze Knorpel, Schneiders Späte Knorpel, Büttners Rote Knorpel und Große Prinzessin.
Kontakt:
- Dr. Annette Braun-Lüllemann., Tel.: 036081-60589, braun-luellemann(at)t-online.de
- Markus Lutz, Stadt Mössingen, Grünflächenmanagement, Tel.: 07473 370-318, m.lutz(at)moessingen.de