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Verabschiedung des Fachbereichsleiters Kurt Räuchle in den Ruhestand


Nach fast 45 Dienstjahren bei der Stadt Mössingen und 49 Jahren im Öffentlichen Dienst wurde der Leiter des Fachbereichs 2 Bürgerservice, Ordnung und Verkehr, Stadtoberamtsrat Kurt Räuchle, in der Gemeinderatssitzung am 24. November 2020, der aktuellen Situation angemessen und dennoch gebührend in den wohlverdienten Ruhestand versetzt und verabschiedet. Musikalisch umrandet wurde die Verabschiedung von Jann-Matti Pallas mit seinem Vibrafon.

Der Leiter des Fachbereichs 2 Bürgerservice, Ordnung und Verkehr Kurt Räuchle wird von Oberbürgermeister Michael Bulander in den Ruhestand versetzt und bekommt als Geschenk ein Verkehrsschild Achtung Ruhestand mit besfestigtem Vogelhaus für den Garten

„Eine Institution verlässt das Haus!“, so Bulander, als er alle Anwesenden herzlich zum Tagesordnungspunkt 5, der Verabschiedung von Herrn Kurt Räuchle, in der Aula des Quenstedt-Gymnasiums begrüßte.

Nach seinem Staatsexamen für den gehobenen Verwaltungsdienst hat sich der gebürtige Mössinger 1976 erfolgreich auf die neu geschaffene Planstelle eines Stadtinspektors im Hauptamt in den Bereichen Schule, Jugend, Kultur, Sport, Ordnung, Volkszählung und Wahlen beworben. Zu dieser Zeit war die Stadt Mössingen gerade einmal drei Jahre jung und Kurt Räuchle organisierte, noch im Alten Rathaus, erstmals das Sommerferienprogramm – was es, wie er stolz hinzufügte, immer noch gibt. Seine wahre Passion fand er 1980 als Amtsleiter des Ordnungsamtes mit Pass- und Meldeamt. Aufgaben, die ihm hierbei besonders am Herzen lagen, waren beispielsweise die Konzeption, Organisation und Durchführung der unzähligen Eventmärkte, Stadtfeste und Stadtevents sowie u.a. auch die Tätigkeiten als Ansprechpartner für die Freiwillige Feuerwehr.

Geduldig und sehr verständnisvoll kümmerte sich Kurt Räuchle, in den folgenden 16.064 Tagen bis zu seinem Ruhestand um die allzu menschlichen Probleme der Stadt. Von der ersten Flüchtlingswelle in den 90er-Jahren bis hin zur Flüchtlingswelle im Jahr 2015 und den Folgejahren. „Man sprach von Asylanten und es kamen Menschen, Familien mit Sorgen, Bedürfnissen, Wünschen, Problemen und in der Regel fremder Sprache.“ – so Kurt Räuchle, als er von der überwältigenden Beteiligung und Mithilfe der Bevölkerung sprach: „So viele Spielsachen hat das Rathaus noch nie gesehen.“

Aber auch die Aufgaben als Standesbeamter, welche er im Urlaubs- oder Krankheitsfall übernahm, lagen ihm sehr am Herzen. Von den ca. 150 Trauungen, die er durchgeführt hat, sei jede etwas Besonderes gewesen: „Nicht allein für die Brautleute, ein bisschen auch immer für den Standesbeamten.“ – fügte Kurt Räuchle in seiner Rede hinzu. So hat er auch vier seiner „Vorzimmerdamen“ persönlich getraut.

Mit dem „notwendigen Fingerspitzengefühl“ und mit der „richtigen Dosis Humor“ vergaß er als Vorgesetzter und Kollege nie lobende und wertschätzende Worte. Außerdem sah er in allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern stets individuelle Menschen. „Davon zeugen zahlreiche Anekdoten und Erinnerungen“- so OB Bulander.

Auch OB Bulander schätzte seinen Kollegen ganz besonders. „Ganz persönlich danke ich Ihnen für die jahrzehntelange sehr gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit sowie Ihr durch Empathie, Sympathie und Respekt getragenes Engagement für unsere Bürgerschaft und die Stadt. Sie hinterlassen nicht nur durch Ihre hohe Fachkenntnis und Erfahrung, sondern auch durch Ihre intensive Kenntnis der Stadt, ihrer Entwicklung und ihrer Menschen eine große Lücke. Als „Ur-Mössinger“ wissen Sie, wie Ihre Stadt tickt, wissen nahezu alles über sie und kennen gefühlt praktisch jeden, fehlen werden Sie uns aber nicht nur als Kollege, sondern auch als Mensch.“

Als Leiter des Fachbereichs 2 Bürgerservice, Ordnung und Verkehr, war Kurt Räuchle immer dort, wo das Leben spielte. Besonderen Einsatz zeigte er beispielsweise auch, als es um die Zufahrt zur Reha-Klinik Bad Sebastiansweiler an der B 27 ging. Aufgrund der räumlichen Engstelle nahm er an einem Sonntagmorgen vor Ort persönlich Maß, um herauszufinden, ob zwei Fahrzeuge aneinander vorbei kommen würden. So war sein Credo stets: „Wer den Verkehr regelt bzw. regeln will, muss ihn auch überwachen“, weshalb Mössingen nun einen eigenen Messwagen, sechs stationäre Blitzer und eine Reihe von „Smileys“ hat, was zu einem deutlich reduzierten Geschwindigkeitsniveau und Unfallrisiko geführt hat.

In den letzten Jahren erarbeitete Kurt Räuchle gemeinsam mit dem Landratsamt wichtige und in die Zukunft gerichtete Mobilitätskonzepte, wie beispielsweise die Umsetzung des neuen Stadtbuskonzepts, die ÖPNV-Planung und flächendeckend Tempo 30 in der Innenstadt. „Nie war das für mich nur ein Job.“ Seine Berufstätigkeit sei fast wie im Flug vergangen, da sie beruflich ausgefüllt, arbeitsintensiv aber auch abwechslungsreich war. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass es ihm gelegentlich so vorkomme, als ob fast jeder Bordstein, jedes Hauseck, jedes Verkehrszeichen ihm „eine Geschichte erzählen kann“ – so Kurt Räuchle.

Persönlich und auch im Namen der Gemeinderats bedankte sich Gemeinderatsmitglied Wilfried Kuppler (FWV) recht herzlich bei ihm für die jahrelange gute Zusammenarbeit und übereichte ihm einen nachhaltigen „Öko-Steinlach-Wanderstab“ mit Gutscheinen um seine Reiselust zu stillen. Kurt Räuchle empfand diesen als überaus passend und würde ihn jedem „neumodischen Wanderstock“ vorziehen.

Auch die Personalratsvorsitzende Silvia Pflumm bedankte sich recht herzlich bei Kurt Räuchle, welcher etliche Jahre selbst Mitglied des Personalrats und zeitweise auch stellvertretender Vorsitzender war.

Kurt Räuchle bedankte sich bei allen Beteiligten für die schöne Zeit, die Wertschätzung und den gegenseitigen Respekt sowie für die schöne und persönliche Verabschiedung, welche er als „große Ehre“ empfand in dieser besonderen Zeit, in der nichts eine Selbstverständlichkeit ist. Er verabschiedete sich u.a. mit den Worten: „Der Ruhestand ist das, worauf man sein ganzes Leben lang hin arbeitet, und sich dann doch wundert, wenn es tatsächlich so weit ist.“

Fachbereichsleiter Kurt Räuchle wurde von allen als eine Person beschrieben, welcher das Unmögliche möglich machte, immer eine außergewöhnliche Ortskenntnis hatte und bei dem alle stets ein offenes Ohr und Unterstützung erhielten. Um dies zu verdeutlichen, überlies Kurt Räuchle jedem Gemeinderat und Gast eine Tafel Rittersport mit ganzen Nüssen, um ihnen das „Knacken von harten Entscheidungs-Nüssen“ etwas zu versüßen und dies auf „schwäbisch ritterliche und sportlich faire Weise“.

OB Bulander überreichte Kurt Räuchle feierlich seine Versetzungsurkunde in den Ruhestand und meinte sogleich verschmitzt, dass ein „Lebenszeitbeamter“ auch nach der aktiven Dienstzeit seinem ehemaligen Dienstherrn noch dienend zur Seite stehen müsse. Aus der eigens von den Kolleginnen und Kollegen des Rathauses erstellten „Anordnung zum Vollzug des Ruhestands“ zitierte er exemplarisch:

3. Die Beziehungen zu den Kolleginnen und Kollegen müssen weiterhin gepflegt werden.
3.3 Der Ruheständler hat in regelmäßigen noch zu definierenden Abständen den ehemaligen Kolleginnen und Kollegen mit Buttermolkereierzeugnis benetztes Laugengebäck als Ausgleichskraftfutter für auslaugende Arbeitszeitabschnitte vorbei zu bringen. Die Zeitabstände nach Satz 1 dürfen einen quartalsweisen Rhythmus nicht unterschreiten.
6. Verhalten bei Nacht
6.1 Auch bei Nacht und Nebel muss sich der Ruheständler als ehemaliger Rathausmitarbeiter zu erkennen geben und sich für die Stadt einsetzen. Z.B. verbogene Schilder gerade biegen und verdrehte Absperrungen zurechtrücken, verdreckte Gehwege kehren, Laub sammeln oder anderen unwissenden Ruheständlern den Weg zeigen.
6.2 Dabei soll der Ruheständler stets eine Mütze mit blinkenden elektronischen Warnleuchten tragen, die durch Kurbeln eines Dynamos ohne CO2-Ausstoß klimaneutral betrieben werden.
 
Zur Verabschiedung erhielt Kurt Räuchle schlussendlich nicht nur viele Glückwünsche und Lobreden, sondern auch eine Baugenehmigung zur Errichtung eines Kleingebäudes zur ornithologischen Beobachtung (Kaltküche für Tiere), ein sogenanntes Vogelhäuschen. Dieses enthüllte OB Bulander sogleich hinter dem Vorhang auf der Bühne mit einem Verkehrsschild mit der Aufschrift „Ruhestand“.