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Schwefelquellen Bad Sebastiansweiler sind jetzt Geopoint


Seit Kurzem hat Mössingen eine weitere Visitenkarte seiner spannenden Erdgeschichte: Die Schwefelquellen von Bad Sebastiansweiler wurden als Geopoint ausgezeichnet. Die Einweihung am historischen Trinkpavillon an der Sebastiansweiler Straße erfolgte im Beisein etlicher Ehrengäste.

„Mössingen ist vom tiefsten bis zum höchsten Punkt des Stadtgebietes, also von 435 m bei der Unteren Mühle an der Steinlach bis zum Gipfel des Dreifürstensteins auf 854 m vom erdgeschichtlichen Zeitalter des Jura geprägt“, machte Oberbürgermeister Michael Bulander in seiner Ansprache deutlich. Ohne dieses Juragebirge gäbe es kein Schwefelwasser! Insofern sei es nur konsequent, über einen sogenannten Geopoint auf die erdgeschichtlichen Zusammenhänge hinzuweisen und zugleich die kulturhistorische Bedeutung zu würdigen. Er dankte allen, die an der erfolgreichen Realisierung dieses Projektes mitgewirkt haben, herzlich.

Geopark-Geschäftsführerin Dr. Teuber (rechts) übergab die Urkunden an (v.l.) Staatssekretär Chris Kühn, Ge-schäftsführer Volker Gurski, OB Michael Bulander und Anke Armbrust-Hikel vom Landkreis Tübingen.

Geopark-Geschäftsführerin Dr. Teuber (rechts) übergab die Urkunden an (v.l.) Staatssekretär Chris Kühn, Geschäftsführer Volker Gurski, OB Michael Bulander und Anke Armbrust-Hikel vom Landkreis Tübingen.

Das Juragebirge besteht hauptsächlich aus den vielen Millionen Jahre alten Ablagerungen des einstigen Tethysmeeres. Der Tübinger Geologieprofessor Friedrich August Quenstedt, den seine Forschungen oft an den Mössinger Albtrauf führten, gliederte den Jura anhand der gefundenen Fossilien in Schichtstufen. Populärwissenschaftlich spricht man aufgrund der Gesteinsfarben noch heute vom Oberen Jura als Weißjura, vom Mittleren Jura als Braunem Jura und vom Unterjura als Schwarzem Jura. Mössingen ist quasi ein Schaubild dieser geologischen Schichten. So lag es nahe, nach dem 2016 eingerichteten ersten Geopoint „Bergrutsch am Hirschkopf“, der für den Weißjura steht, auch noch einen zweiten Geopoint im Schwarzjura auszuweisen, der für eine nicht weniger bedeutende geologische Besonderheit steht.

Während der Mössinger Bergrutsch von 1983, immerhin der größte seiner Art im Land, ein imposantes Lehrbeispiel für die beständige Rückverlagerung der Schwäbischen Alb darstellt, zählen die Schwefelquellen von Bad Sebastiansweiler zu den stärksten Europas. Die Heilkraft dieses Wassers wird daher seit Jahrhunderten erfolgreich genutzt und war auch ursächlich für die Prädikatisierung Sebastiansweilers als Heilbad. Der städtische Tourismusbeauftragte Uwe Walz hatte insofern beim Geopark angeregt, die Schwefelquellen als Geopoint auszuweisen.

Das Mineralwasser stammt aus einer über 180 Mio. Jahre alten Gesteinsformation des Unterjuras. Der dortige Ölschiefer enthält u. a. das Mineral Pyrit (besser bekannt als „Katzengold“). Wenn Pyrit mit sauerstoffhaltigem Wasser in Kontakt kommt, entstehen wasserlösliche Schwefelverbindungen (Sulfate). Durch bakterielle Reduktion des Sulfats bildet sich Schwefelwasserstoff. Er reichert sich im Mineralwasser an und ist die Ursache für den typischen Geruch nach „faulen Eiern“ sowie den leicht bitteren Geschmack, genauso aber für die heilende Wirkung.

Schwefelwasser-Trinkbrunnen mit Kräutergarten in Mössingen

Im Trinkpavillon kommt das Schwefelwasser aus dem Brunnen.

Die Ausweisung als Geopoint soll auch dazu beitragen, den idyllischen Park bei Einheimischen wie Besuchern Mössingens bekannter zu machen. Zumal es sich anbietet, mittels eines kleinen Spaziergangs oder der vorbeiführenden Streuobstradtour des Früchtetraufs von hier aus Bad Sebastiansweiler zu besuchen – bzw. umgekehrt.

Grußworte zur Einweihung sprachen neben OB Bulander auch Chris Kühn (MdB und Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesumweltministerium), Dr. Sandra Teuber (Geschäftsführerin des Geoparks), Anke Armbrust-Hikel (in Vertretung von Landrat Joachim Walter) und Volker Gurski (Geschäftsführer des Heilbades Bad Sebastiansweiler GmbH).

Chris Kühn betonte die Bedeutung der UNESCO-Geoparks. Die Vermittlung des geologisch-natürlichen Erbes für Kinder und Familien sei eine wichtige Aufgabe. „Jeder einzelne Geopoint erzählt einen Bruchteil unserer Erdgeschichte“, bestätigte Sandra Teuber. Volker Gurski freute sich, dass mit Bad Sebastiansweiler das kleinste Kurbad im Land nun als bisher einziges einen Geopoint hat. Ab sofort sei damit auch deutlicher, wo sich die Schwefelwasserquellen befänden, da die Klinik selbst ja nördlich der B27 liege.

Was ist ein Geopoint?

Geopunkte (oder aufgrund der UNESCO-Auszeichnung englisch „Geopoints“) sind ausgewählte Stellen im UNESCO Global Geopark Schwäbische Alb, welche die geologische Vielfalt der Schwäbischen Alb besonders deutlich machen. Im rund 6.200 Quadratkilometer großen Geopark, der sich über 10 Landkreise erstreckt, sind bisher nur 36 Stellen als Geopunkte ausgezeichnet – darunter zusammen mit dem Mössinger Bergrutsch nun zwei in unserer Stadt.

Der Geopoint „Schwefelquellen“ befindet sich im kleinen Park an der Sebastiansweiler Straße am Ortseingang von Bästenhardt. Besucher*innen können den nahen Wanderparkplatz „Butzenweg“ nutzen. Auch vom Rad-/Fußweg an der Sebastiansweiler Straße ist der Zugang ausgeschildert.

Im über hundert Jahre alten Trinkpavillon gibt es einen dreiarmigen Brunnen, aus dem auf Knopfdruck das berühmte Schwefelwasser sprudelt. Im nicht zugänglichen Brunnenhaus daneben ist die Quellfassung des Schwefelwassers. Die Anwendung des heilkräftigen Schwefelwassers von Bad Sebastiansweiler hat eine lange Tradition, die vermutlich bis ins Mittelalter zurückreicht. Der Wirkstoff stammt aus der über 180 Millionen Jahre alten Posidonienschiefer-Formation. Die Verknüpfung von Geologie und Kulturgeschichte lässt sich hier anschaulich nachvollziehen. Eine neue Infotafel mit QR-Codes gibt Hintergrundinfos.

Das Gelände um den Trinkpavillon umgibt ein Zaun, der nachts geschlossen wird. In der Regel ist der Pavillon aber täglich von ungefähr 8 bis 17 Uhr geöffnet und damit zugänglich. Es gibt hier auch zwei schöne neue Sitzbänke. Der Blick zum Pavillon und auf die neue Infotafel sowie der Besuch des angrenzenden Kräutergartens ist jederzeit möglich.

Wer noch mehr über den neuen Geopoint erfahren möchte findet zusätzliche Infos unter www.moessingen.de/schwefel.

Ehrenamtliche gesucht!

Gerne würde Bad Sebastiansweiler den Zaun um den Trinkpavillon gerade in den Sommermonaten noch länger geöffnet halten. Hierzu bräuchte es aber zuverlässige Ehrenamtliche, die bereit wären, abends zu schließen. Sollten Sie sich das vorstellen können (vielleicht weil Sie ohnehin in der Gegend noch mit dem Hund unterwegs sind), freut man sich bei der Bad Sebastiansweiler GmbH, Tel. 07473/3783-0, über Ihre Interessensbekundung.