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Geschichtliche Entwicklung Mössingens
Teil 2: Bauerndorf und Handwerk, Auswanderung und baden in Sebastiansweiler


Reiches Bauerndorf verarmt. Noch Anfang des 17. Jahrhunderts galt Mössingen als vermögend. Als sich nach dem Dreißigjährigen Krieg bis Ende des 18. Jahrhunderts die Bevölkerung auf 2.300 Personen verdreifachte, wurde die Versorgung der Einwohner immer schwieriger. Auch die geltende Realteilung, bei der der Familienbesitz unter den Kindern aufgeteilt wurde, führte zu starker Güterzersplitterung und Verarmung. Um mehr Ackerland zu gewinnen, wurden Brachflächen umgenutzt.

Holzrechen vor der Rechenmacherwerkstatt

Zubrot durch Handwerk und Branntwein. Die Einwohner suchten sich neue Verdienstmöglichkeiten wie die Leinenweberei. Auch das spezielle Mössinger Handwerk der Rechen- und Gabelmacherei entwickelte sich. Zwischen 1829 und 1866 waren knapp 50 dieser Handwerker steuerlich registriert. Auch der Obstanbau gewann an Bedeutung, aus dem sich die Branntweinbrennerei als lukratives Gewerbe entwickelte. In Mössingen und Belsen existierten um 1800 über 300 Brennereien. Auch wenn der Branntwein nach dem Ende der Napoleonischen Kriege nicht mehr so viele Abnehmer fand, blieb der Obstbau bedeutend. Ab 1847 gab die Gemeinde Allmandteile an Bürger aus mit der Auflage, auf den Grundstücken Obstbäume zu pflanzen. Ende des 19. Jahrhunderts wird der Mössinger Obstbau als „der bedeutendste im Bezirk“ bezeichnet.

Branntweinbrenner

Schiffskontrakt 1851 Auswanderer

Spitzenreiter in der Auswanderung. Doch die Existenzmöglichkeiten reichten weiterhin nicht für alle. Viele Einwohner suchten ihr Glück in der Ferne. Mössingen war Spitzenreiter in der württembergischen Auswanderung. Zwischen 1782 bis 1785 wanderten 19 Familien mit 109 Personen nach Preußisch-Polen aus. Von 1804 bis 1842 verließen weitere 71 Mössinger Familien ihre Heimat in Richtung russische Schwarzmeerregion, Polen und Kaukasus. Und zwischen 1871 bis 1895 wanderten 30% der Bewohner in Richtung Nordamerika aus.

Baden in Sebastiansweiler. 1790 entstand an der Schweizer Chaussee (heute B 27) der Filialort Sebastiansweiler, benannt nach dem Belsener Sebastian Streib, der an der prominenten Fernstraße den Gasthof „Zur Sonne“ erbaute. Als der Tübinger Mediziner Johann Hermann Friedrich Autenrieth die Wirkung der Schwefelquelle des mittelalterlichen Butzenbades wiederentdeckte, kaufte er sie 1829 und ließ sie fassen. Im Gasthaus Sonne wurde ein kleiner Badebetrieb eröffnet, der sich zum beliebten Kurbetrieb mit weitläufigem Parkgelände entwickelte. 1924 wurde die Basler Mission neuer Eigentümer, die die Anlage zum Erholungsheim für Missionare ausbaute. Mit der Anerkennung als Heilbad erlangte der Ort 1933 schließlich die Bezeichnung Bad Sebastiansweiler. Heute betreibt die Evangelische Heimstiftung ein modernes Zentrum für Rehabilitation, Pflege und Therapie.

1250 Jahre Mössingen