100 Jahre Pausa -         100 Jahre Bauhaus

Rückblick auf das Jubiläumsjahr 2019

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Das Mössinger Jubiläumsjahr 2019, in welchem sowohl der 100. Geburtstag der Pausa als auch des Bauhaus gefeiert werden konnte, ging am 24. November 2019 mit einer Finissage zu Ende.
Als 1919 die Gebrüder Löwenstein eine im Jahr 1871 gegründete Mössinger Weberei übernahmen und damit den Grundstein der Pausa in Mössingen legten, kam auch die Bauhausidee nach Mössingen. Innovation und Fortschritt prägten nicht nur das Bauhaus, das 2019 ebenfalls den hundertsten Geburtstag feierte, sondern auch die Pausa. In der Zusammenarbeit mit renommierten Künstlern und mit der Entwicklung fortschrittlicher Produktionsmethoden setzte die Pausa lange Zeit Maßstäbe. Anfang der 2000er-Jahre war der Niedergang der Firma nicht mehr aufzuhalten. Nicht lange nach der Insolvenz wurde die Pausa als Sachgesamtheit, das heißt Gebäude samt der darin enthaltenen Firmensammlung, unter Denkmalschutz gestellt. Die Stadt Mössingen erwarb die Gebäude samt Inhalten und arbeitet seither, mit Unterstützung verschiedener Förderer, an der Konservierung, Inventarisierung und Zugänglichmachung der Pausa-Sammlungen. 
Im Jubiläumsjahr war mit Ausstellungen, Theater, Musikaufführungen, Vorträgen und Führungen von Anfang Mai bis Ende November 2019 ein abwechslungsreiches Programm geboten. In Kooperation mit zahlreichen Partnern hatte die Stadt Mössingen über 60 Veranstaltungen konzipiert, die Sehens- und Wissenswertes zur ehemaligen Mössinger Textildruckerei Pausa und deren Beziehungen zum Bauhaus beinhalteten. Mehr als 15.000 Besucherinnen und Besucher waren zu den verschiedenen Veranstaltungen gekommen. Die Stadt Mössingen erhielt durchweg positive, oft geradezu begeisterte Rückmeldungen zu dem vielseitigen Veranstaltungsprogramm. Das Ziel, mit dem Jubiläumsfestival eine breite Aufmerksamkeit für die Chancen und Möglichkeiten des Pausa-Areals zu bekommen, wurde klar erreicht. Vom Publikum wurde dabei nicht verkannt, dass mit der künftigen Entwicklung des außergewöhnlichen und inspirierenden Areals auch große Herausforderungen verbunden sind.

Nach dem Jubiläum:

Im Jahr 2020 folgte - trotz Corona - im Herbst wieder eine Ausstellung im Obergeschoss der Pausa-Tonnenhalle: "Pausa-Stoffe der 1950er-Jahre. Inspiration für heute". In Kooperation mit der Schule für Gestaltung Basel und der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg zeigt die Stadt Mössingen in dieser Ausstellung neue Arbeiten, die die Studierenden auf der Basis von Pausa-Entwürfen aus den 1950er-Jahren entwickelt haben. Das Projekt wird dankenswerterweise von der Wüstenrot-Stiftung gefördert. Die Ausstellung läuft bis 31. Januar 2021. Derzeit ist sie wegen der Corona-Beschränkungen nur virtuell als Bildergalerie auf der Mössinger Homepage zu sehen.
Für Frühjahr/Sommer 2021 ist die Ausstellung "Lebenslinien" mit Werken des Mössinger Künstlers und früheren Pausa-Designers Andreas Felger geplant.


Die Pausa-Sammlung:

Die Konservierung und Restaurierung der umfangreichen Pausa-Sammlungen läuft auch in den Jahren 2020/21 mit mehreren Projekten weiter. Gefördert vom Landesamt für Denkmalpflege und von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz werden zahlreiche Stoffmuster, großformatige Drucke von HAP Grieshaber und anderes behutsam restauriert, um dann fachgerecht gelagert zu werden. Ein weiteres Projekt, das von der Stiftung Kulturgut gefördert wird, widmet sich dem Archivieren des umfangreichen Schriftguts, das die Firma Pausa hinterlassen hat. Ein neues Restaurierungs- und Konservierungsprojekt für Stoffe und Filmfolien ist mit Unterstützung des Landesamts für Denkmalpflege ab Frühjahr 2021 geplant.
Die Sammlungen der Pausa umfassen mehr als 88.000 Stoffmuster, über 13.000 Papierentwürfe, 735 Musterbücher und vieles mehr. Bisher ist eine Besichtigung nur im Rahmen von Wechselausstellungen möglich. Dabei werden immer wieder verschiedene Teile des großen Sammlungsbestandes im Ausstellungsraum im 1. Stock der Pausa-Tonnenhalle (neben der Stadtbücherei) öffentlich präsentiert.

Pausa Verwaltungsgebäude mit Bogenhalle in den 1950er Jahren                     Pausa Verwaltungsgebäude mit Bogenhalle im Jahr 2019

Die Geschichte der Pausa in Mössingen:

Nach dem Erwerb durch die Gebrüder Löwenstein im Jahr 1919 und den erfolgreichen 1920er Jahren sahen sich die jüdischen Firmeneigentümer in der NS-Zeit gezwungen, die Firma Pausa weit unter Wert zu verkaufen und zu emigrieren. Käufer war die Firmengruppe Burkhardt-Greiner. Unter dem neuen künstlerischen Leiter und späteren Unternehmenschef Willy Häussler, wurden 1951 bis 1961 neue Firmengebäude an der Karlstraße (heute: Karl-Jaggy-Straße) erbaut. Sie sind ein Werk des Architekten Manfred Lehmbruck und stehen in der Tradition des Neuen Bauens. Sie repräsentierten das gestalterische Prinzip der Firma. Nicht nur die Architektur, auch die Produkte zeichneten sich durch Modernität und Variationsreichtum auf hohem gestalterischem Niveau aus. Als Hersteller von künstlerisch höchst anspruchsvollen Dekorationsstoffen, deren Fertigung Kunst, Handwerk und Industrie verband, fand die Pausa zurück zur Tradition des Werkbundes und Bauhauses.
In der „schwäbischen Provinz“ führte das Zusammenspiel von künstlerischem Anspruch und handwerklicher Kompetenz dabei über viele Jahrzehnte hinweg zu außergewöhnlichen Ergebnissen. Künstler wie Willi Baumeister, Andreas Felger, HAP Grieshaber, Anton Stankowski oder der Däne Verner Panton entwarfen für das Mössinger Unternehmen „Künstlerstoffe“ von Weltformat.
 
Dem Wandel in der Textilindustrie konnte die Pausa lange trotzen, doch 2001 wurde der Niedergang unausweichlich und führte zur dramatischen Insolvenz.
 
Noch vor 15 Jahren stand der Abbruch des Gebäudeensembles zur Debatte. Beinahe wären die materiellen und immateriellen Schätze dieses Gesamtkunstwerks, das ein beispielloses Abbild deutscher Geschichte darstellt, vernichtet worden. Doch der Ort trägt noch immer die Spuren seiner Geschichte in sich. Das ist überall sicht- und spürbar: in der einzigartigen Architektur, in zehntausenden von Stoffmustern, in unzähligen Details. Mittlerweile ist das Areal  zum Teil unter Gesichtspunkten des Denkmalschutzes renoviert und neu genutzt, die Stoffsammlung aufwendig restauriert und katalogisiert worden, zum anderen Teil aber noch eine Industriebrache – ein Gelände, das die Neugier der Besucher weckt.